2011-12-17

Rede von W.Krahl am 16.8.2006

Ausstellungseröffnungsrede von Waldemar Krahl (Kunstpädagoge) 16.8.06 im Institut Francais
Sehr geehrte Damen,
sehr geehrte Herren,
ich freue mich, Sie zu der Eröffnung der Ausstellung der Ichimatsu-Ningyo, der handgefertigten Puppen von Frau Yuki Klink, herzlich begrüßen zu dürfen.
Was sind denn Puppen überhaupt?
Die meisten Menschen von uns kennen Puppen aus der Welt des Spielzeugs, als etwas, das zu einer bestimmten Zeit in unserer Kindheit vielleicht mal wichtig gewesen war und dann irgendwann achtlos in der Ecke oder auf dem Dachboden liegengeblieben ist. Sie werden sich aber, falls Sie mal mit Puppen gespielt haben, sicher erinnern, dass diese Puppen in dem Moment des Spiels sehr lebendig gewesen sind, vielleicht ein Ersatz für Familienmitglieder oder andere Menschen aus unserem Umkreis waren. Sie haben unsere Fantasie angeregt - und sich in unserer Fantasie, auch wenn sie vielleicht nicht so schön wie diese Puppen hier gestaltet waren, zu einem besonderen Wesen verwandelt. Wir haben ihnen in dem Moment des Spiels eine Seele gegeben.
Puppen haben also etwas Magisches, das sich in Verbindung mit unseren Emotionen, Vorstellungen, Wünschen zu einer fruchtbaren Auseinandersetzung entwickelt. Sie sind Empfänger unserer Projektionen und spiegeln im Spiel – oder in der Betrachtung – unsere geheimen Sehnsüchte wieder.

In diesem Raum sehen Sie einige besonders schöne Exemplare aus der großen Familie japanischer Puppen, den sogenannten "Ichimatsu-Ningyo", die von Yuki Klink in langer, intensiver Handarbeit hergestellt worden sind. Man könnte fast von einem Schöpfungsakt sprechen, da jedes einzelne Teil in aufwendiger Kleinarbeit durch die Hände Yukis geformt wurde und so die Persönlichkeit der Puppe durch die Persönlichkeit Yukis allmählich gewachsen ist.

Die Ichimatsu-Ningyo können auf eine lange Tradition der Puppen-Herstellung in Japan zurückblicken, die ihre Anfänge in der Edo-Zeit im 17. Jahrhundert haben. Das erste Dokument jedoch, das Puppen in Japan erwähnt, stammt aus der Heian-Zeit (794 – 1185) und spricht von der symbolisch-magischen Wirkung einer Strohpuppe.
Puppen hatten also in alter Zeit vor allem eine kultische Aufgabe, in dem sie z.B. Böses oder Krankheiten vom Besitzer fernhalten oder den Menschen Fruchtbarkeit bringen sollten. Es gibt hierzu viele Beispiele der magischen Wirkung von Puppen auch aus anderen Kulturkreisen wie die der Kelten, der Germanen oder den indigenen Völkern Afrikas und Amerikas. Denken Sie z.B. an den Voodoo-Kult in der Karibik oder – noch weiter zurück in der Menschheitsgeschichte - die sog. "Venus von Willendorf", eine Votivfigur aus prähistorischer Zeit, die vermutlich einem Fruchtbarkeitsritual dienen sollte. Puppen haben in verschiedensten Formen die Menschheit seit ihren frühesten Anfängen begleitet.

Heute sind Puppen: – Spielzeug, Talisman, Sammelobjekt, Kunstwerk, sie erfüllen vielfältige Aufgaben für junge wie erwachsene Menschen.
Wenn Sie sich mit den Ningyo, den Puppen von Yuki Klink, die alle einen eigenen Namen haben, auseinandersetzen, werden Sie vielleicht die magische Kraft ihrer schwarzen Augen spüren. Sie werden vielleicht etwas von ihrer japanischen Herkunft spüren, die für uns Westeuropäer so exotisch/geheimnisvoll anmutet. Und Sie werden in ihrer besonderen Ästhetik die Ausdruckskraft ihrer Schöpferin spüren.
Liebe Gäste, genießen Sie bitte die einzigartigen Kunstwerke der hand-gefertigten Puppen von Yuki Klink!

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